FACTS 'N' FIGURES
19.6. – 8.9.2020
Nothing wrong with big ideas, but they aren’t especially relevant to figuring out how something works-or doesn’t. I doubt if anyone ever loved a painting because of the ideas it supposedly contains, though there are plenty of examples of the reverse.
-David Salle, How to See
Die Ausstellung vereint Malerinnen und Maler, die einerseits trotz vorhandener Bilderzählungen Ungegenständlichkeit postulieren, beziehungsweise umgekehrt innerhalb vermeintlicher Gegenstandslosigkeit das Erzählen für sich beanspruchen. In diesem ewigen Spannungsfeld lässt sich für jede malerische Position – egal ob von einem erweiterten Bildbegriff ausgegangen wird oder einem traditionellen - ein Standort bestimmen.
So ergibt eins das andere.
Sowohl in ihren aus disparaten Materialien zusammengesetzten malerischen Installationen, als auch in Luisa Kasalickys Leinwandbildern, sind abrupte, teilweise spröde Übergange oder das Vorhandenbleiben fremdkörperartiger Gegenständlichkeits-Reste entscheidende Momente in einem sich gleichzeitig als dynamisch darstellenden Flow von Farben und Formen. Im Wechselspiel von Smoothness und Schonungslosigkeit wird ihr sehr persönlicher Standpunkt deutlich bei gleichzeitig eingeforderter Allgemeingültigkeit.
Die Bilder des Berliner Malers Marcus Weber zeigen Figur-Raum-Konstellationen, die – auf malerischer Klugheit und malerischem Wissen basierend - von einem fast klischeehaften Abstraktionsbestreben ausgehen. Genauso aber verarbeitet er gesellschaftsbezogene Motive, die er in der spezifischen Umgebung seines Ateliers vorfindet, im Sinne einer Historienmalerei oder eigentlich einer Posthistorien-Malerei.
Der bildende Künstler, Musiker und Schriftsteller Andreas Karner setzt in seiner fortwährenden zeichnerischen Unternehmung widerstreitende zeichnerische Mittel, wie das Verwenden von Schablonen gegen sehr zeitaufwendige und präzise Oberflächenbearbeitungen, ein und (setzt) diese formalen Ideen in Beziehung zu Bildinhalten wie persönliche Gegenstände, Textfragmente oder Naturelemente. Absicht und Zufall, Zwang und Befreiung, Akkumulation und Reduktion bilden hier jene Einheit, die die Komplexität seines künstlerischen Schaffens ausdrückt.
Caroline Salfinger stellt in intimen Selbstportraits und in Portraits Familienangehöriger „passive, in sich versunkene“ Menschen dar. In einem Text beschreibt sie, wie „Ereignislosigkeit an der Schwelle der Erwartung mit Spannung aufgeladen ist. Einer Spannung erzeugt durch die Erwartung dessen, was kommen mag, was sich jenseits des Wahrnehmbaren anbahnt.“
Hugo Canoilas verarbeitet Bildmaterial aus Lehrbüchern und aus SciFi-Filmen. (Leicht) historisch anmutendes Ausgangsmaterial, das gleichzeitig auf die Zukunft verweist, ruft persönliche Erfahrungen damit oder mit Ähnlichem wach. Die Grenzen zwischen kollektiver und subjektiver Wahrnehmung werden schließlich unscharf.
Georg Frauenschuhs großformatige Bilder beziehen sich sowohl auf Malerei und Malereigeschichte, als auch auf Bereiche außerhalb. Ihnen liegt ein gegenwärtiger Bodensatz der Online-Bilder zugrunde und sie handeln von der der Degradierung aktueller Bildsprachen. Sie zeigen menschliche Produktion und menschliche Fehlbarkeit.
Für thematische Performances wie Songs the Plants Taught Us (2019) oder Punk Lyrics-Living In A World Insane (2017) fertigt der in Cincinnati lebende Künstler Mark Harris Text-Image-Malereien an, welche Songtexte beinhalten. Diese werden bei den besagten Performances von ihm im Ausstellungsraum platziert, während Harris die Vinylschallplatten, die mit den gemalten Songtexten korrespondieren, vorstellt und abspielt.
Persönlich involviert und mit politischer Agenda referenziert Katrin Plavčak auf die Kunstgeschichte, in erster Linie auf die Geschichte der Malerei. Obwohl sie sich hier oft auf die Moderne bezieht, ist ihre eigene transformative oder kommunikative Herangehensweise nicht glorifizierend, eher noch irgendwie postmodern, bemüht also um einen Schwebezustand, in dem sie weder Botschaften beteuert noch sich zurückzieht in den Umstand des Informationsverlustes.
Gerlind Zeilners Malereien liegt ein großer Bestand an Zeichnungen zugrunde. Dieses fortwährende, spontane Verarbeiten von Realität führt zu einer Art Realismus, der - fernab eines von fotographischen Vorlagen ausgehenden Realismus – eine gefilterte und verarbeitete Realität zeigt, die das Traumbild oder das Nachbild einer bestimmtem Situation miteinschließt.
Michèle Pagels Skulpturen und Installationen demonstrieren einander bedingende Gegensätze, wie den Witz als pointierte lineare Erzählung auf der einen Seite und den nicht-linearen, abstrakten Denkkomplex auf der anderen. Sie beinhalten gesellschaftspolitische Statements gleichermaßen wie eine unverrückbare Zusage zur Zweckfreiheit der Kunst. Die gezeigten Arbeiten entstanden 2019 während eines Arbeitsaufenthalts in Moskau.